Gebärden
In vielen Klassen werden Gebärden lautsprachbegleitend eingesetzt. Diese der deutschen Gebärdensprache entlehnten Gebärden haben für unsere SchülerInnen viele kommunikative Vorteile:
- spontan nutzbar, da immer und überall ohne Hilfsmittel verfügbar
- geeignet für einfache und komplexe Kommunikation – keine Einschränkungen
- beinhalten die Möglichkeit emotional und sehr persönlich zu kommunizieren, z.B. lebhaft oder zärtlich
- Spracherwerb wird durch Gebärden ergänzt und unterstützt
- vorhandene lautsprachliche Kompetenzen werden erweitert
- sind leicht zu erfassen – leichter als Lautsprache und deshalb ideal geeignet für die FSGG
- können langsam ausgeführt werden und lassen so mehr Zeit - zum Verstehen und zum Mitteilen
- sprechen mehrere Sinneskanäle an - ganzheitliches Lernen
- Ausführung kann aktiv unterstützt werden, z.B. beim Erlernen
und nur wenige Nachteile:
- Begrenzung der Kommunikationspartner ‘Geheimsprache‘ nur für Eingeweihte verständlich
- für Menschen mit schweren körperlichen Einschränkungen wenig praktikabel
Einführung einer Gebärde
- Die Lehrerin demonstriert die Gebärde und spricht dazu das entsprechende Wort und unterstreicht den Sinngehalt mittels Mimik.
- Falls die Gebärde mehrmals ausgeführt werden muss, so geschieht dies möglichst im Sprachrhythmus (pro Silbe eine Bewegung).
- Nachahmung durch die SchülerInnen, zum Teil der Reihe nach.
- Falls erforderlich Korrektur und Hilfestellung durch Handführung.
- Gleichzeitig einüben, dass man den Kommunikationspartner beim Gebärden anschauen muss (im Gegensatz zur Lautsprache).
- Die SchülerInnen werden immer motiviert zu lautieren bzw. mitzusprechen.
- Feinmotorisch schwierige Handformen werden zwar korrigiert, aber nicht ständig bemängelt, teilweise nicht korrekt oder ungenau stehen gelassen, um Frustrationen zu vermeiden.
- Die korrekte Handform wird von der Lehrerin als Vorbild immer wieder dargeboten.
- Die Gebärden werden durch spielerische Übungen eingeschliffen. Hierzu eignen sich im Grunde alle Spiele und Übungsformen, die schon immer an der FSGG eingesetzt werden. Häufig sind keine oder nur minimale Modifikationen erforderlich. Günstig sind natürlich Übungsformen mit hohen Sprachanteilen, wie z.B. Lieder, Bilderbuchbetrachtungen, Rollenspiele, etc..
- Die SchülerInnen erhalten jeweils ein Blatt für das Gebärdenbuch in der Schule und ein Blatt zum Mitnehmen nach Hause:
- mit einem Foto, das eine Person zeigt, die das Wort gebärdet
- mit einem Bild/Piktogramm das für das jeweilig gelernte Wort steht
- mit dem Wortbild mit einer Beschreibung des Bewegungsablaufes der Gebärde als Info für die Eltern und KollegInnen
- Diese Bücher dienen
- der Visualisierung
- dem selbstständigen Wiederholen der Gebärden
- als Nachschlagewerk
- der Dokumentation über den erlernten Gebärdenschatz
Beispielseite aus unserer Gebärdensammlung
Fazit
Als erstes und wichtigstes: Die SchülerInnen haben schneller als erwartet die Gebärden angenommen und mit Freude kommuniziert.
Ein sonst so oft beobachtetes Verstummen der schlecht sprechenden SchülerInnen spätestens im Alter der Pubertät blieb bisher aus.
Auf dem Weg zum Ziel ‘Erweiterung der kommunikativen Fähigkeiten‘ haben sich bei der Vermittlung von Gebärden positive Effekte, die wir lediglich vermutet hatten, bestätigt:
- Fast alle SchülerInnen begannen, sich auch lautsprachlich vermehrt zu äußern.
- Kognitive Inhalte konnten die SchülerInnen mittels Gebärden leichter erfassen (z.B. Bilderbücher, Pränumerik).
- Die SchülerInnen zeigten fast alle ein größeres Interesse an Sachinhalten und der Umwelt.
- Nichtsprechende SchülerInnen konnten oftmals mittels Gebärde zeigen, dass sie mehr wissen, als von uns vermutet wurde.
Diese Lernerfolge führen wir darauf zurück, dass Gebärden im Vergleich zur Lautsprache Prinzipien der Lernpsychologie wie z.B. viel sinniges Lernen erfüllen, (Motorik unterstützt Kognition und Sprache, Visualisierung erleichtert Sprachverständnis, langsame Ausführung gibt mehr Zeit zum Verstehen und Mitteilen).
Aus diesen Gründen halten wir den Einsatz von Gebärden für viele SchülerInnen der FSGG, auch für SchülerInnen mit verständlicher Lautsprache, zur Begriffsbildung und Vermittlung kognitiver Inhalte für sinnvoll.